„Die Weichen für eine gute Zukunft stellen“

Landrätin Tamara Bischof stellt die Höhepunkte des Jubiläumsjahres vor, erklärt, wie sich ­Bürgerinnen und Bürger an den Festlichkeiten beteiligen können, und verrät, welche Projekte die Schlagkraft des Landkreises Kitzingen zeigen – heute und in Zukunft.

Frau Bischof, wie begeht der Landkreis dieses besondere Jubiläum? Unser Ziel ist es, mit den Aktionen rund um das Jubiläum, die Bürger an die einschneidenden und zukunftsweisenden Entscheidungen vor 50 Jahren zu erinnern, die zweifelsfrei den Grundstein für unseren erfolgreichen Landkreis heute gelegt haben. Wir haben zum Beispiel eine Wanderausstellung konzipieren lassen, in der die Geschichte und das Selbstverständnis unseres Landkreises gezeigt werden. Ziel ist, dass diese Ausstellung durch den Landkreis wandert und sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger informieren können. Wir präsentieren die Ausstellung im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten am 2. Juli zum ersten Mal öffentlich. Zu dieser Jubiläumsfeier sind zum Beispiel alle Kreisräte eingeladen, die seit 1972 Mitglied im Kreistag waren sowie die noch lebenden Bürgermeister von 1972 und weitere Ehrengäste. Mit ihnen lassen wir die vergangenen 50 Jahre Revue passieren und stoßen am Ende mit einem ganz besonderen Jubiläums-Sekt auf das Erreichte an.

Zusammen gewachsen, zusammen gestalten: Wie kann sich die Bürgerin und der Bürger am Jubiläumsjahr beteiligen? Auf vielfältige Art und Weise. In unserem Magazin „blickpunKT“ haben wir mit einem Heimatquiz im Frühling den Auftakt gegeben für das Jubiläumsjahr und ich freue mich sehr, dass mehrere Hundert Bürgerinnen und Bürger bei diesem Quiz mitgemacht und das richtige Lösungswort eingereicht haben. Zudem suchen wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die 50 schönsten Orte im Kitzinger Land und laden zu einer Jubiläumswanderung ein. Im Herbst haben wir noch eine besondere Abschlussaktion vor: Wir werden als Erinnerung 50 Bäume pflanzen.

Wir legen unser Augenmerk auf die aktive und zukunftsweisende ­Gestaltung unseres Landkreises als ­attraktiven Wohn-, Lebens- und Arbeitsort.
Tamara Bischof

Sie prägten und prägen die Entwicklung des Landkreises: die amtierende Landrätin Tamara Bischof und ihre beiden Vorgänger ­Dr. Rolf Bauer (Mitte) und Dr. Siegfried Naser (rechts).

Sie sind seit über 20 Jahren Landrätin und waren zuvor Abteilungsleiterin am Landratsamt. Wie haben sich der Landkreis und das Landratsamt in den vergangenen 25 Jahren entwickelt bzw. verändert? Der Landkreis Kitzingen hat eine enorm positive Entwicklung gemacht. Die Aufgaben sind wesentlich vielfältiger geworden und das Augenmerk auf die aktive und zukunftsweisende Gestaltung unseres Landkreises als attraktiven Wohn-, Lebens- und Arbeitsort hat stark an Bedeutung gewonnen, zusätzlich zu den staatlichen Aufgaben, die ebenfalls zugenommen haben. „Gestalten statt verwalten“ ist zum Leitgedanken der täglichen Arbeit geworden.

An welchem Beispiel lässt sich das festmachen? Seit 2002 sind wir zum Beispiel LEADER-Region und profitieren von diesem europäischen Förderprogramm. Seitdem konnten wir rund 6,6 Millionen Euro Fördergeld in den Landkreis holen, die wiederum über 34 Millionen Euro Gesamtinvestition ausgelöst haben. Begonnen haben wir 2002 mit einem Radwegekonzept, der Förderung des „KuK. Dettelbach“ oder dem Jugendhof Schwanberg. Seitdem sind viele weitere attraktive Projekte realisiert worden wie die Gelbe Welle, unsere sehr beliebten TraumRunden oder das Kitzinger Gartenland. Alle diese Projekte heben das Potenzial unseres Landkreises und steigern die Lebensqualität. Gibt es auch bei den kommunalen Pflichtaufgaben Gestaltungsspielraum? Ja, das lässt sich am ÖPNV zeigen: Im Jahr 1994 lag der Gesamtaufwand für den ÖPNV noch bei rund 270.000 Euro mit einem Eigenanteil von drei Prozent. Bereits sechs Jahre später, also im Jahr 2000, lag der Gesamtaufwand bei rund 530.000 Euro und unser Eigenanteil schon bei 20 Prozent. Heute, also im Jahr 2021, sind wir bei 3,67 Millionen Euro und unser Eigenanteil ist auf 57 Prozent angestiegen. Wir sind Mitglied in zwei Verkehrsbünden (VGN und VVM), was uns sehr attraktiv für Pendler Richtung Nürnberg und Würzburg macht und arbeiten aktuell aktiv daran, unsere Busanbindung vor Ort stetig zu verbessern. Wie sieht es mit der Verschuldung aus? Trotz aller Investitionen haben wir vor allem in den vergangenen Jahren unsere Schulden massiv abgebaut und liegen mit unserer Pro-Kopf-­Verschuldung von 109 Euro deutlich unter dem bayerischen Landes­durchschnitt.

Ich hoffe, dass unsere ­Enkelkinder in 50 Jahren ­ebenfalls sagen, dass ihre ­Vorfahren die Weichen für eine gute Zukunft zum Glück richtiggestellt haben.
Tamara Bischof

Welche Ereignisse haben Sie und ihre Mitarbeiter zuletzt gefordert? Wir haben in den vergangenen Jahren als Verwaltung und insgesamt als Gesellschaft drei große Herausforderungen gemeistert: die Flüchtlingskrise 2015, als wir als Landkreis Notunterkünfte und dezentrale Einrichtungen betreiben mussten, die zwei anstrengenden und aufreibenden Corona-Jahre und nun den Ukraine-Krieg. Die Kreisverwaltung hat nicht nur bei diesen Herausforderungen gezeigt, was für eine schlagkräftige und engagierte Truppe sie ist. Alle beteiligen sich daran, den Landkreis Kitzingen aktiv zu gestalten und den bestmöglichen Service für unsere Bürgerinnen und Bürger zu bieten, um unser Kitzinger Land noch lebens- und liebenswerter zu machen. „Gestalten statt verwalten“ – Sie haben es schon angesprochen. Wie lässt sich das konkret bei fachlichen Entscheidungen realisieren? Das Landratsamt sehe ich als Dienstleister für unsere Bürgerinnen und Bürger. Anders als bei einer Werkstatt oder einem Handwerker kann man nicht wechseln, wenn man unzufrieden ist. Deshalb sind mir Freundlichkeit und Service besonders wichtig und die Bürokratie soll sich in Grenzen halten. Das meine ich mit „gestalten“, für den Bürger entscheiden, Lösungen finden, den Konsens suchen – natürlich auf der Grundlage unserer Gesetze – und den Landkreis ganz aktiv weiterentwickeln. Wie ist Ihre Vision für den Landkreis Kitzingen in 50 Jahren? So wie die Verantwortlichen vor 50 Jahren mit der Gebietsreform die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt haben, ist es heute an uns, es ihnen gleich zu tun. Die Herausforderungen heute sind wesentlich globaler, doch haben sie im Kern dasselbe Ziel: unsere Heimat lebens- und liebenswert zu erhalten. Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Kitzinger Land auch 2072 weiterhin ein äußerst attraktiver Wohn- und Arbeitsort sein wird. Wir haben in 50 Jahren zum Beispiel die Verschiebung hin zu einer älter werdenden Gesellschaft durch Maßnahmen wie neue Wohnformen gemeistert. Deutschland – und somit natürlich auch unser Landkreis Kitzingen – ist 2072 klimaneutral und Nachhaltigkeit ist fest verankert in der Gesellschaft, die noch bunter und vielfältiger geworden ist. Ich hoffe, dass unsere Enkelkinder in 50 Jahren ebenfalls sagen, dass ihre Vorfahren die Weichen für eine gute Zukunft zum Glück richtiggestellt haben.

Blick von oben auf die Große Kreisstadt Kitzingen, in der Bildmitte ist das Landratsamt zu sehen. Der älteste Teil des Gebäudeensembles wurde 745 von den Benediktinermönchen als Kloster erbaut. Seit 1814 wird es als Verwaltungsgebäude genutzt, zunächst als Ort für das Landgericht, später für das Bezirksamt, dem Vorläufer des heutigen Landratsamts.