Landkreis Kitzingen: erfolgreich zusammengewachsen

Die Landräte seit 1972: Altlandrat Dr. Rolf Bauer (rechts), Landrat a.D. Siegfried Naser und Landrätin Tamara Bischof.

Der Landkreis Kitzingen hat 50. Geburtstag. Grund genug, um gemeinsam zu feiern. Dabei wurde dankbar an die Vergangenheit erinnert, zufrieden die Gegenwart betrachtet und ein hoffnungsvoller und optimistischer Blick in die Zukunft gerichtet.

Landrätin Tamara Bischof hatte zahlreiche Ehrengäste eingeladen, um gemeinsam Geburtstag zu feiern. Die Resonanz bei den ehemaligen und amtierenden Kreisräten, Bürgermeistern, Behördenleitern und weiteren Geladenen war sehr groß. Unter anderem gaben sich Altlandrat Dr. Rolf Bauer und Landrat a.D. Siegfried Naser die Ehre. Mit Landrätin Tamara Bischof waren somit an diesem Abend die drei Landräte seit der Gebietsreform 1972 anwesend.

Auch Bundeswirtschaftsminister a.D. und Kreisrat a.D. Michael Glos, Regierungspräsident Dr. Franz Vogt a.D., die Bundestagsabgeordneten a.D. Marion Seib und Frank Hofmann, die Landtagsabgeordneten a.D. Dr. Otto Hünnerkopf und Franz Brosch sowie der aktuelle Landtagsabgeordnete Christian Klingen waren der Einladung gefolgt.

Altlandrat Dr. Rolf Bauer spielte, als Mann der Stunde, am Jubiläumsabend noch eine besondere Rolle: mit ihm als damals verantwortlichen Landrat war im Vorfeld ein „Zeitzeugen-Interview“ aufgenommen worden. Landrätin Tamara Bischof interviewt darin den Altlandrat sowie Iphofens ehemaligen Bürgermeister Josef Mend, der 1972 Anwärter für den gehobenen Dienst war. Das Video finden Sie hier, eingebettet in die Sonderbeilage der Main Post. 

In ihrer Festrede betonte Landrätin Tamara Bischof: „Wir befinden uns im Jahr 1972 in einer Zeit voller politischer Umbrüche, radikaler Proteste und gesellschaftlicher Zerreißproben. Inmitten dieser Gemenge-Lage finden von 1967 bis 1978 Gebietsreformen in ganz Deutschland statt. Im November 1971 beschloss der Bayerische Landtag die Reformen für Bayern. Mit einschneidenden Ergebnissen: Zum 1. Juli 1972 halbiert sich die Zahl der Landkreise von 143 auf 71 und 23 von zuvor 48 kreisfreien Städten verlieren ihre Kreisfreiheit – auch die Stadt Kitzingen, die in der Folge zur „Großen Kreisstadt Kitzingen“ wird. Diese „Rück-Kreisung“ der Stadt Kitzingen wurde damals von vielen Bürgern auch als Abstufung empfunden. Bis dahin hatte die Stadt nämlich eine Sonderrolle und war rechts- und fachaufsichtlich direkt der Regierung von Unterfranken unterstellt, ab 1972 dann dem Landkreis. Um diesen Einschnitt etwas abzumildern, hat die Stadt Kitzingen zum Beispiel eine eigene Bauaufsichtsbehörde und den Titel Große Kreisstadt erhalten.“

Bischof erinnerte auch an die formulierten Ziele der Reform, denn unter anderem sollten damit leistungsfähige Verwaltungen, Gemeinden und Landkreise geschaffen und für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land gesorgt werden. „Wurden diese Ziele erreicht?“ – unter diese zentrale Frage stellte die Kreischefin ihre Ausführungen.

Bischof führte aus, dass die Neuformierung rückblickend zweifelsfrei als Bündelung der Kräfte gesehen werden, durch die unter anderem sehr gute Verwaltungsstrukturen geschaffen wurden, von denen wir heute noch alle profitieren. Als Beispiele nannte sie unter anderem die Krankenhauslandschaft im Landkreis. 1972 gab es im Landkreis fünf Krankenhäuser – nämlich in Kitzingen mit 111 Betten, Marktbreit 44 Betten, Volkach 68 Betten, Dettelbach 70 Betten und Iphofen mit 52 Betten.

Erst die Gebietsreform machte die schrittweise Bündelung der Häuser zu einem zentralen Kreiskrankenhaus – der heutigen Klinik Kitzinger Land – möglich. Der Kreistag beschloss 1973 den Neubau der Klinik, einzig das Krankenhaus Volkach blieb eigenständig und wurde in den 1990er Jahren privatisiert.  

Auch erst durch die Gebietsreform wurde der Landkreis Kitzingen zum Beispiel zum Weinlandkreis. Seit 1972 ist die größte Weinanbau-Fläche Frankens bei uns im Kitzinger Land vereint, aktuell 2400 Hektar.

Auch in den Verwaltungen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm viel verändert, wie Bischof ausführte: „Unsere Verwaltungen haben sich von der Eingriffsverwaltung zum Dienstleister entwickelt. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind wesentlich selbstbewusster und ich wage zu behaupten, dass einschneidende Reformen wie in den 60er und 70er Jahren heute nicht mehr so einfach ohne Proteste und enorme Widerstände umsetzbar wären. Eine transparente und offene Kommunikation ist heutzutage das A und O, Bürgerbeteiligung wird großgeschrieben und ist oft die Grundlage und Voraussetzung vieler Projekte.“

Auch die Aufgaben des Landratsamts seien wesentlich vielfältiger geworden und das Augenmerk auf die aktive und zukunftsweisende Gestaltung unseres Landkreises als attraktiven Wohn-, Lebens- und Arbeitsort habe stark an Bedeutung gewonnen, so die Landrätin. „Gestalten statt verwalten ist zum Leitgedanken der täglichen Arbeit geworden“, betonte Bischof.

Dies zeige sich zum Beispiel auch am Öffentlichen Personennahverkehr, der in den vergangenen Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen habe – sowohl für die Bürger als auch finanziell für den Kreishaushalt:

Bischof rechnete vor: „Im Jahr 1994 lag der Gesamtaufwand für den ÖPNV noch bei rund 270.000 Euro mit einem Eigenanteil von 3 Prozent. Bereits 6 Jahre später, also bei meiner Wahl zur Landrätin im Jahr 2000, lag der Gesamtaufwand bei rund 530.000 Euro und unser Eigenanteil schon bei 20 Prozent. Heute, also im Jahr 2021, sind wir bei 3,67 Millionen Euro und unser Eigenanteil ist auf 57 Prozent angestiegen. Wir sind Mitglied in zwei Verkehrsbünden, Richtung Nürnberg dem Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) und Richtung Würzburg dem Verkehrsverbund Mainfranken (VVM), was uns sehr attraktiv für Pendler Richtung Nürnberg und Würzburg macht. Wir arbeiten aktuell aktiv an der stetigen Verbesserung und Weiterentwicklung. Zum Beispiel wird die lange totgesagte Mainschleifenbahn reaktiviert und voraussichtlich Dezember 2026 in Betrieb gehen.“   

Die Frage, ob nun die gesteckten Ziele der Gebietsreform erreicht wurden, könne man im Landkreis Kitzingen selbstbewusst mit „Ja“ beantworten, so die Landrätin.  

Sie schloss mit einem Zitat aus der ersten Sitzung des neuen Kreistags am 7. Juli 1972. Damals sagte der anwesende damalige Regierungspräsident Dr. Robert Meixner: „Am 1. Juli 1972 hat eine neue kommunale Zeit begonnen“. An die Verantwortlichen richtete er den Appell: „Die alten Grenzen müssen auch aus den Köpfen der Bevölkerung verschwinden, nicht nur auf der Landkarte“.

Dies sei zweifelsfrei gelungen, betonte Bischof. „Die Grenzen sind aus den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger verschwunden. Wir sind in unserem Kitzinger Land überaus erfolgreich „zusammen gewachsen“ – dies feiern wir heute gemeinsam und darauf können wir stolz sein!“

Musikalisch wurde der Abend umrahmt von der Musizier AG der Realschule Kitzingen sowie dem Bläser-Ensemble des AKG.